Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) berichtet, dass Millionen Menschen in Somalia weiterhin unter der Dürre leiden. Die somalischen Behörden schätzen, dass mehr als 4,6 Millionen Menschen, also etwa ein Viertel der Bevölkerung Somalias, von den Folgen der andauernden Dürre betroffen sind. Allein im November wurden mehr als 104.000 Menschen aufgrund der extremen Trockenheit vertrieben.
Hilfsorganisationen geben an, dass zwischen September und Dezember Zehntausende Menschen vertrieben wurden, da Bohrlöcher und flache Brunnen nicht mehr funktionsfähig sind, die Wasserpreise steigen, Lebensmittel immer knapper werden, Vieh stirbt und die Lebensgrundlagen zusammenbrechen. Auch das Bildungswesen ist stark betroffen: Mehr als 75.000 Schüler mussten landesweit die Schule abbrechen.
Am Montag meldete das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) mehr als 146.000 neue Binnenvertriebene im November. Davon waren 37.000 Vertreibungen auf Konflikte oder Unsicherheit zurückzuführen, während 104.000 durch die Dürre ausgelöst wurden. Insgesamt nimmt die Zahl der Vertriebenen stark zu: Seit Januar 2025 mussten 463.000 Menschen aufgrund von Konflikten, Unsicherheit und Dürre inerhalb ihres Landes fliehen.
Während die Sicherheitslage in Somalia weiterhin äußerst prekär ist, wird erwartet, dass sich die Dürrebedingungen in der bevorstehenden Trockenzeit zwischen Januar und März weiter verschärfen werden. Es wird mit einer zunehmenden Wasserknappheit und einer höheren Sterblichkeit bei Nutztieren gerechnet, was die Ernährungsunsicherheit in vielen Teilen Somalias weiter verschärfen könnte.
Die Situation dürfte auch dazu führen, dass mehr Menschen aus ihren Häusern in städtische Gebiete und Vertriebenenlager fliehen, wo die Lebensbedingungen und Möglichkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts bereits extrem begrenzt sind.
„Die Behörden bitten um dringende Hilfe, um einen möglichen Zusammenbruch der Lebensgrundlagen der Viehzüchter und Bauern abzuwenden und vermeidbare Todesfälle zu verhindern. Sie warnen, dass die nächsten vier Monate kritisch sein werden, da die Regenzeit erst im April 2026 erwartet wird“, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric am Montag.
„Wir und unsere humanitären Partner sind mobilisiert, unterstützen Bewertungen, erfassen verfügbare Vorräte und koordinieren Notfallmaßnahmen in den Bereichen Wasser, Nahrung, Ernährung, Gesundheit und Unterkünfte.“
Dujarric fügte hinzu, dass Hilfsorganisationen auch Bargeldhilfen, Tierfutter und die Instandsetzung von Bohrlöchern bereitstellen, während sie vor Ort die Schwere der Lage beurteilen und Ressourcen für frühzeitige Maßnahmen prüfen.
Diese Bemühungen werden jedoch durch erhebliche Finanzierungslücken eingeschränkt. Der Zentrale Nothilfefonds der Vereinten Nationen (CERF) stellte Ende November 10 Millionen US-Dollar zur Unterstützung von über 603.000 Menschen bereit, doch es wird dringend deutlich mehr Hilfe benötigt.
Die sich verschärfende Dürrekatastrophe ist eine Folge der ungünstigen Niederschlagsverhältnisse sowohl in der Gu-Regenzeit (April bis Juni) als auch in der Deyr-Regenzeit (Oktober bis Dezember) und wird durch Finanzierungslücken für humanitäre Hilfe noch verschärft. Der mit 1,4 Milliarden US-Dollar veranschlagte Humanitäre Bedarfs- und Reaktionsplan für Somalia für 2025 ist nur zu 26 Prozent finanziert, wobei bisher gerade 370 Millionen US-Dollar eingegangen sind.
Die brutale Kürzung der Gebermittel – vor allem durch die Vereinigts Staaten und Deutschland - im Jahr 2025 hat humanitäre Hilfsorganisationen bereits dazu gezwungen, wichtige Programme zu reduzieren oder einzustellen, wodurch lebensrettende Maßnahmen drastisch eingeschränkt und Millionen von Menschenleben gefährdet sind.
Somalia ist weiterhin mit einer schweren Krise der Ernährungssicherheit konfrontiert. Nach der jüngsten Analyse der Integrierten Klassifizierung der Ernährungssicherheit (IPC) leiden derzeit 4,4 Millionen Somalier unter einer Hungerkrise oder einer noch schlimmeren Phase der Ernährungsunsicherheit, darunter mehr als 920.000 Menschen, die sich in einer Hungernotlage befinden. Diese Zahl wird in den kommenden Monaten voraussichtlich noch steigen.
Die Ernährungssituation ist ebenso alarmierend: Fast 1,9 Millionen Kinder unter fünf Jahren dürften an akuter Unterernährung leiden, davon mehr als 420.000 an schwerer akuter Unterernährung (SAM) und 1,43 Millionen an moderater akuter Unterernährung (MAM).